Hat jemand eine Handlung festgestellt oder sogar selber erfahren, die als strafbar eingeschätzt wird oder bei der die Unsicherheit besteht, ob es sich um ein strafbares Delikt handelt, empfiehlt es sich, die Polizei zu kontaktieren oder sich bei einer Fachstelle beraten zu lassen. Inwiefern ein Vorfall tatsächlich strafbar ist, wird im Falle einer Anzeige durch die Staatsanwaltschaft geklärt. Unabhängig davon ist wichtig, dass Grenzüberschreitungen nicht akzeptiert, über diese gesprochen wird und eine klare Haltung der Nulltoleranz gezeigt wird.
In der Schweiz kommen im Zusammenhang mit Hassdelikten verschiedene rechtliche Grundlagen zum Tragen. Die wichtigsten werden nachfolgend kurz erläutert:
- Die schweizerische Bundesverfassung (BV) beinhaltet das Recht auf Gleichbehandlung für alle Menschen, die in der Schweiz leben (Art. 8). Das heisst: Niemand darf wegen Herkunft, Rasse, Geschlecht, Sprache, Religion oder Lebensform diskriminiert werden.
- Art. 261bis des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) bestraft Äusserungen und Handlungen, die Menschen aufgrund ihrer Ethnie, Rasse, Religion oder sexuellen Orientierung herabsetzen oder zu Hass und Diskriminierung aufrufen. Dies gilt auch für das Verbreiten von verleumderischen Ideologien. Ein Verstoss gegen die Diskriminierungsstrafnorm (Art. 261bis StGB) oder eine Verletzung der Glaubens- und Kultusfreiheit (Art. 261 StGB) kann vorliegen, wenn die Äusserung in der Öffentlichkeit gemacht wird. Dies ist der Fall, wenn eine Äusserung vor mehr als zwei Personen erfolgt, die in keiner engen persönlichen Beziehung zueinanderstehen.
- Die öffentliche Aufforderung zu Verbrechen oder zur Gewalttätigkeit ist durch Art. 259 StGB verboten.
- Diskriminierende Äusserungen oder Handlungen können weitere strafrechtliche Tatbestände erfüllen, zum Beispiel den der Beschimpfung (Art. 177 StGB) und der Tätlichkeit (Art. 123 StGB). Stellt ein Gericht fest, dass eine solche Tat aus einem Hassmotiv erfolgt ist und die Diskriminierungsstrafnorm Art. 261bis StGB erfüllt ist, muss die Täterschaft mit einem höheren Strafmass rechnen.
- Diskriminierende Äusserungen können zudem eine Persönlichkeitsverletzung im Sinn von Art. 28 des Zivilgesetzbuches (ZGB) darstellen.
- Auch wenn eine diskriminierende Äusserung oder Handlung gegen eine Gruppe nicht unter die Diskriminierungsstrafnorm Art. 261bis StGB fällt, weil sie sich zum Beispiel gegen Menschen mit Behinderungen oder Transmenschen richtet, die durch Art. 261bis StGB nicht geschützt werden, können andere Strafrechtsnormen zur Anwendung gelangen und eine Persönlichkeitsverletzung im Sinne von Art. 28 ZGB vorliegen.
Symbole
Symbole wie das Hakenkreuz, das rote Dreieck (Hamas), Hitlergruss, Wolfsgruss (Graue Wölfe) oder die Embleme von gewaltverherrlichenden Organisationen wie der Hisbollah oder linksextremer Gruppierungen sind in der Schweiz nicht grundsätzlich verboten. Nationalsozialistische Symbole jedoch sind zum Beispiel dann unter Strafe gestellt, wenn sie werbend in der Öffentlichkeit verwendet werden und damit die Verbreitung von Ideologien respektive Propaganda betrieben wird (vgl. dazu Bundesgerichtsentscheid 6B_697/2013). Das isolierte Tragen einer Hakenkreuzbinde im Alltag stellt i.d.R. ein strafloses Bekenntnis zu einer Ideologie und noch kein Werben dar. Die Kumulation von Handlungen, Gesten und Symbolen wiederum könnte gemäss geltender Rechtslage als Verbreiten einer Ideologie qualifiziert und unter Art. 261bis Absatz 2 StGB gefasst werden. Dies kann beispielsweise an Kundgebungen der Fall sein.
Zurzeit wird auf Bundesebene geprüft, ob die Gesetze geändert und gewisse Symbole unter Strafe gestellt werden sollen.
In einem Bericht vom 15. Dezember 2022 zeigt das Bundesamt für Justiz (BJ) die aktuelle Rechtslage bezüglich strafbarer und strafloser Verwendung nationalsozialistischer und rassistischer Symbole auf: Bericht zum Verbot von nationalsozialistischen und rassistischen Symbolen (admin.ch). Im Anhang des Berichts, auf Seite 28, befinden sich beispielhaft Symbole aufgeführt, die je nach Verwendungszweck nationalsozialistischen, diskriminierenden, rassistischen, gewaltverherrlichenden oder extremistischen Charakter haben können. Die Auflistung der Symbole ist nicht abschliessend zu verstehen und soll lediglich als Diskussionsgrundlage dienen.
Urteile
Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus EKR führt eine juristische Datensammlung mit Urteilen bis ins Jahr 1995 zurück, bei denen die Anwendung der Antirassismusstrafnorm resp. der Antidiskriminierungsstrafnorm Art. 261bis StGB thematisiert wurde. Die Urteile sind unter folgendem Link abrufbar: Datenbank der EKR "Sammlung Rechtsfälle" .
Strafmündigkeit
Bereits ab 10 Jahren sind Kinder strafmündig und können aus strafrechtlicher Sicht in die Verantwortung gezogen und bestraft werden. Grenzüberschreitungen von unter 10-Jährigen fallen in die Zuständigkeit der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB), insofern die Eltern nicht in der Lage sind, entsprechende Massnahmen vorzunehmen.
Quellen und weiterführende Links